Nach dem Trainingserfolg motiviert bleiben

Köln/München – Die zehn Kilometer Joggen sind geschafft. Man ist erschöpft, stolz und glücklich. Und fällt kurz darauf in ein Loch. Die Motivation ist wie ausgeknipst. Denn nachdem ein Ziel erreicht ist, kommt oft die große Frage: was nun?

Ihre Leistung lediglich zu wiederholen, ist vielen zu langweilig. Aber muss es wirklich immer höher, schneller, weiter gehen? Das will nicht jeder Freizeitsportler, zumal vielen schlicht die Zeit dafür fehlt. Dennoch lässt sich ein Motivationsloch vermeiden. Experten erklären, wie das geht.

Ein wichtiger Erholungsmechanismus

Grundsätzlich ist es normal und wichtig, dass die Motivation nach einem Erfolg abfällt: Das sei ein Erholungsmechanismus des Körpers, erklärt Prof. Jens Kleinert, Leiter der Abteilung Gesundheit und Sozialpsychologie des Psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln.

«Wer mit viel Motivation und Eifer einer Sache folgt, bringt viel Energie auf und benötigt entsprechende Regeneration», sagt Kleinert. Das heißt: Man muss erstmal körperlich und psychisch auftanken.

«Das Loch, in das man nach einer Zielerreichung fällt, ist ein wichtiger Mechanismus», betont der Experte. Wer das weiß, der könne den fehlenden Antrieb schon einmal ganz anders bewerten.

Der Diplom-Psychologe und Sportwissenschaftler
Thomas Ritthaler sieht das ähnlich. Er rät, die Phase nach einem erreichten Ziel als Chance zu nehmen und zu prüfen: «Was mache ich hier eigentlich gerade?»

Sind die Ziele wirklich selbst gesteckt?

Ritthaler geht es darum, zu hinterfragen, ob die gesteckten Ziele eigentlich die eigenen sind – oder ob ein «Du solltest…» oder «Du müsstest…» von außen dahinter steckt. Denn nur, wenn es die eigenen Ziele sind, die man als nächstes verfolgen möchte, kann man dies mit Spaß, Motivation und letztlich auch Erfolg tun.

Auch
Jens Kleinert hält es für sinnvoll, die Phase nach der Zielerreichung zu nutzen. So könne man sich zum Beispiel anderen Dingen zuwenden, die man zuvor aus den Augen verloren hat. Erholung bedeute nicht unbedingt, nichts zu tun, sondern mitunter auch, etwas anderes zu tun, erläutert der Experte.

Mehr Training kann Konflikte provozieren

Darüber hinaus empfiehlt Kleinert, über die eigene Zielsetzung nachzudenken. Wer zum Beispiel nach den geschafften 10 Kilometern nun 20 Kilometer laufen will, der hat ein ergebnisorientiertes Ziel.

«Es ist verständlich und nachvollziehbar, dass wir uns immer weiterentwickeln wollen», betont Kleinert. Die Kehrseite: «Höhere Leistungsbereiche bedeuten in der Regel höhere Trainingsumfänge und das erhöht die Konfliktwahrscheinlichkeit mit anderen Lebensbereichen.»

Aber gerade für Freizeitsportler ist es wichtig, dass möglichst keine dieser sogenannten Zielkonflikte auftreten: Dass also ihr sportliches Ziel im besten Fall nicht so viel Raum einnimmt, dass andere Bereiche vernachlässigt werden – die Familie zum Beispiel.

Außerdem sollte sich die ergebnisorientierte Zielsetzung nicht verselbstständigen – dann hechelt man doch wie ein Getriebener dem ewigen Höher-Schneller-Weiter hinterher. Das ist – von den möglichen Zielkonflikten ganz abgesehen – neben Beruf, Familie, Freunden und anderen Hobbys irgendwann einfach nicht mehr drin.

Wenn der Prozess zählt – nicht das Ergebnis

Die Alternative ist, sich prozessorientierte Ziele zu setzen, wie Kleinert erklärt: «Man fokussiert sich auf die Sache selbst: Wie kann ich dafür sorgen, dass es mir bei meinem Zehn-Kilometer-Lauf gut geht?» Man könne an seiner Lauftechnik feilen oder sich mit anderen Freizeitsportlern zusammentun.

«Wieso müssen Ziele immer quantitativ gesetzt werden?», fragt sich auch Sportmediziner Ritthaler, der in München eine Praxis betreibt. Wer den Zehn-Kilometer-Lauf geschafft hat, der könne als nächsten ja einen Zehn-Kilometer-Berglauf versuchen. Oder 50 Kilometer Inlineskaten. So werde es nicht langweilig – und dennoch muss man nicht dem nächsthöheren Ziel hinterher eifern. «Man sollte mehr auf sein Bauchgefühl hören und machen, worauf man wirklich Lust hat. Willen kann man nicht endlos aufbringen», findet Ritthaler.

Schluss mit dem Kampf gegen den Schweinehund

Nun mag manch einer denken: Nur den Ist-Zustand zu halten, das macht aus sportlicher Sicht keinen Sinn. Doch das stimmt so nicht. «Im Prinzip ist es auch ein Steigerungsziel, denn ab einem bestimmten Alter baut der Körper ab», erklärt Ritthaler. Da gegenzusteuern, bedeute bereits eine ständige Steigerung.

Für Ritthaler ist ein anderer Aspekt ohnehin wichtiger: Statt ein Ziel nach richtig oder falsch zu beurteilen, sollte man überlegen, ob es sich für einen selbst um ein stimmiges und passendes Ziel handelt. Denn nur dann komme die Motivation zu einem sportlicheren Leben aus einem selbst heraus – man sagt auch, sie ist intrinsisch motiviert – und man muss nicht ständig gegen den inneren Schweinehund kämpfen.

Leistungsorientierte brauchen einen Plan

Für manch einen ist all das nichts, räumt Sportpsychologe Kleinert ein. Sehr leistungsorientierten Freizeitsportlern empfiehlt er aus diesem Grund, nach einem erreichten Ziel die nächste Stufe zu definieren und sich einen entsprechenden Plan zu machen: Wie sehen die kommenden Wochen und Monate aus? Welche Zwischenziele und Etappen sollen wann erreicht sein? «Ein konkreter Handlungsplan hilft, rational aus einem Motivationsloch herauszukommen», erklärt er.

Außerdem rät Kleinert, sich Verbündete zu suchen – das helfe emotional. «Wenn man sich nicht aufraffen kann, ist es immer gut, sich mit anderen zusammen zu tun.»

Fotocredits: Tobias Hase
(dpa/tmn)

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