Berlin – Das Bundeskabinett hat das Gesetz für eine Impfpflicht gegen Masern auf den Weg gebracht. Ab März 2020 müssen Eltern vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kita oder Schule nachweisen, dass diese geimpft sind.
Die Impfpflicht gilt auch für Tagesmütter und für das Personal in Kitas, Schulen, in der Medizin und in Gemeinschaftseinrichtungen, wie Flüchtlingsunterkünften. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 2500 Euro. Ungeimpfte Kinder dürfen in Kitas nicht mehr aufgenommen werden. Kinder und Personal, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im kommenden März schon in einer Kita, Schule oder Gemeinschaftseinrichtung sind, müssen die Impfung bis spätestens 31. Juli 2021 nachweisen. Erbracht werden kann der Nachweis durch den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder durch ein ärztliches Attest, aus dem hervorgeht, dass man die Masern schon hatte.
«Wir wollen möglichst alle Kinder vor einer Masernansteckung bewahren», sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Deshalb führe man den verpflichtenden Impfschutz ein. Hintergrund ist ein weltweiter Anstieg der Masernerkrankungen. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 543 Fälle gemeldet. In den ersten Monaten dieses Jahres schon mehr als 400 Fälle.
Nach dem Kabinett muss jetzt noch der Bundestag zustimmen. Im Bundesrat ist laut Gesundheitsministerium keine Zustimmung nötig.
Der Nachweis
Nachgewiesen werden kann die Impfung beziehungsweise Immunität durch den Impfausweis oder durch ein Attest vom Arzt, dass man schon einmal Masern hatte. Ausgenommen sind Menschen, die einen ärztlichen Nachweis vorlegen können, dass bei ihnen eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam ist und Menschen, die vor 1970 geboren sind, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Masern schon durchlitten haben. Die Spritze soll es künftig bei jedem Arzt geben – außer beim Zahnarzt.
Zuständig für Überwachung und Bußgelder sind die örtlichen Gesundheitsämter. Kitas, Schulen und andere Einrichtungen müssen Impfsäumige an sie melden.
Laut Bundesgesundheitsministerium geht es bei der Impfpflicht nicht nur um den Schutz Einzelner vor Masern, sondern auch um den sogenannten Gemeinschaftsschutz – also eine Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung. Bei mindestens 95 Prozent der Bevölkerung sei dafür Immunität erforderlich. Deutschland habe das bislang nicht erreicht.
Impflücken nicht nur bei Kindern
Das für Infektionskrankheiten zuständige Robert Koch-Institut (RKI) weist darauf hin, dass 2017 nur rund 93 Prozent der Schulanfänger in Deutschland ausreichend gegen Masern geschützt waren – also die empfohlenen zwei Impfungen bekommen hatten. Impflücken gibt es aber nicht nur bei Kindern. Fast die Hälfte der Erkrankten sind laut RKI junge Erwachsene.
Masern gelten als sogenannte Kinderkrankheit – sind dabei aber alles andere als harmlos.
Die wichtigsten Infos rund um Verlauf und Impfung im Überblick:
– Ansteckung: Masern sind nach Angaben der Stiftung Kindergesundheit eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten. Wer die Masern hat, steckt andere Menschen ohne Impfschutz oder Immunität höchstwahrscheinlich an, auch aus einigen Metern Entfernung. Ungeschützte Erwachsene bekommen die Masern ebenso wie Kinder – der Begriff «Kinderkrankheit» ist da irreführend.
– Verlauf: Los geht es ohne den typischen Hautausschlag, sondern eher mit Schnupfen und Reizhusten, Unwohlsein, verquollenen Augen und Halsschmerzen sowie erhöhter Temperatur. Zwei bis drei Tage später zeigen sich dann grauweiße Flecken auf der Mundschleimhaut. Wenige Tage später kommt der Hautausschlag – erst mit kleinen und hellroten Punkten, die dann zu größeren Flecken zusammenlaufen. Oft ist auch hohes Fieber möglich.
– Komplikationen: Bei Kindern gehen Masern häufig mit Lungen- und Mittelohrentzündungen einher. Besonders gefährliche Komplikationen sind die Masernenzephalitis, die zu bleibenden Hirnschäden oder sogar zum Tod führen kann, und die extrem seltene subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Die SSPE tritt oft erst Jahre nach den Masern ein und führt immer zum Tod. Ein Heilmittel gibt es nicht.
Fotocredits: Andrea Warnecke
(dpa)