Mammographie-Screening: Nur selten Falschdiagnosen

Berlin (dpa) – Bei der Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland kommt es nur selten zu Falschdiagnosen. Insgesamt werde bei 6 von 1000 Frauen zwischen 50 und 70 Jahren durch systematische Röntgenuntersuchungen Brustkrebs entdeckt, teilte die Kooperationsgemeinschaft Mammographie mit.

Insgesamt erhielten dabei nur drei Prozent der regelmäßigen Teilnehmerinnen eine falsche Tumordiagnose. Damit liege Deutschland bei den falsch-positiven Befunden unter dem Grenzwert von fünf Prozent, den die Europäischen Leitlinien empfehlen. Die neuen Ergebnisse beruhen auf dem jüngsten Qualitätsbericht des Screenings für das Jahr 2013.

Von rund 2,9 Millionen untersuchten Frauen, die der Einladung zum Screening folgten, erhielten nach den jüngsten Zahlen

17 430 die Diagnose Brustkrebs. Allerdings wurden zuvor fast 129 000 Frauen erneut eingeladen, weil mindestens ein geschulter Arzt den Befund auffällig fand. «Das Mammographie-Screening steht immer wieder wegen vermeintlich vieler Falschdiagnosen in der Kritik», sagt Vanessa Kääb-Sanyal, Leiterin der Geschäftsstelle der Kooperationsgemeinschaft Mammographie. Ärzte im Screening müssten jedoch jedem begründeten Verdacht nachgehen, um kein Karzinom zu übersehen.

Die Aufforderung zur Abklärung ist für viele Frauen ein Schock. Bei zwei Dritteln von ihnen konnten Ärzte 2013 aber schon nach kurzer Zeit durch weitere Untersuchungen, zum Beispiel mit Ultraschall, Entwarnung geben. Bei rund 35 000 Frauen blieb der Verdacht jedoch weiter bestehen. Nur ihnen wurde die Entnahme einer Gewebeprobe durch eine Mini-Operation empfohlen. Rund die Hälfte erhielt danach die Diagnose Brustkrebs.

Beim Screening würden heute 75 bis 80 Prozent der Brustkrebserkrankungen entdeckt, erläutert Corinna Heinrich, Sprecherin der Kooperationsgemeinschaft. Dass es nicht 100 Prozent sein können, liege vor allem daran, dass Tumore auch zwischen den Untersuchungen im Abstand von zwei Jahren wachsen können. Und sie könnten auch übersehen werden.

Bei Frauen sind Karzinome in der Brust die häufigste Krebsart – und entsprechend gefürchtet. Nach den jüngsten Zahlen für 2012 gab es in Deutschland rund 70 000 Neuerkrankungen, 17 750 Frauen starben.

Das Screening-Verfahren, das zwischen 2005 und 2009 flächendeckend in Deutschland eingeführt wurde, ist mit Blick auf Kosten und Nutzen nicht unumstritten. Denn sichere Ergebnisse, ob Frauen durch das Verfahren wirklich einen Überlebensvorteil haben, können frühestens nach 10 Jahren vorliegen. Dafür wären Teilnehmeraten von 70 Prozent wünschenswert, in Deutschland liegen sie im Moment bei 57 Prozent. Oft haben Frauen Angst vor der Untersuchung – sie ist nicht ganz schmerzlos.

Nach den
Statistiken des Robert Koch-Instituts (RKI) stiegen die Brustkrebs-Neuerkrankungsraten in Deutschland seit 2005 zunächst sprunghaft an. Seit 2009 sind sie leicht rückläufig. Das deute darauf hin, dass in der ersten Phase des Programms viele Tumore deutlich früher entdeckt wurden als ohne Screening, heißt es im RKI-Zentrum für Krebsregisterdaten.

Fest steht auch schon, dass Tumore in der Altersgruppe der 50- bis 70-Jährigen durch das Screening in einem früheren und kleineren Stadium entdeckt werden als vor Beginn der Reihenuntersuchung. Das kann die Chancen erhöhen, dass Frauen bei Operationen ihre Brust behalten können und der Krebs noch nicht gestreut hat.

Trotz gestiegener Erkrankungszahlen sterben heute weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren, heißt es beim RKI. Die Überlebenschancen hätten sich vor allem durch Fortschritte in der Therapie deutlich verbessert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden beim Screening aber auch einige Tumore diagnostiziert, die sonst lebenslang unerkannt geblieben wären und keine Beschwerden verursacht hätten. Kritiker sprechen deshalb von Überdiagnosen.

Das Strahlenrisiko bei der Röntgenuntersuchung wird heute von Experten wegen moderner Geräte als deutlich geringer eingeschätzt als noch vor 20 Jahren. Doch die Frage bleibt, ob die Vorteile der Untersuchung das Risiko überwiegen, vorwiegend gesunde Frauen überhaupt Röntgenstrahlung auszusetzen.



Fotocredits: Peter Endig,Daniel Karmann,Friso Gentsch

(dpa)
Mediziner