Frauen haben es beim Shopping unglaublich einfach: Auch wenn ihnen im riesigen Angebot nur maximal fünf Prozent aller Dinge gefällt, haben sie jede Menge Möglichkeiten, das Zeug zu kaufen und gut auszusehen. Bei Kleidung für Männer sieht das leider anders aus.
Herrenbekleidung ist, steht sie nicht in teureren Kaufhäusern unerschwinglichen Boutiquen oder beim klassischen Herrenausstatter, kaum noch zu finden. Beispiel: die schwedische Klamottenkette ha und em. Jeder Katalog strotzt vor Frauenkleidung, doch was ist mit Männer-Bekleidung? Auf vielleicht 20 Prozent der Seiten. Ein Großteil der Pullover trägt bekloppte Prints, und mit den albernen Skinny Jeans sehe ich aus, als würde es mir Spaß bereiten, meine Eier abzuklemmen. Hurra. Mit dem Rest könnte ich den männlichen Heulsusen von Popstars Konkurrenz machen. Zum davonlaufen ist das, genau wie diese Crocks. Zudem hat die Qualität der „schwedischen“ Herren-Kleidung stark nachgelassen. Und zwar mit Einstellung der wunderbaren Lad-Hosen. Die auch noch gut aussahen und saßen. Die aktuellen Jacken und Mäntel sind neutral, aber auch ein wenig zu farblos.
Die Bekleidung für Männer wirft weitere Probleme auf: Der Business-Look ist völlig in Ordnung, doch im Büro wie im Nachtleben laufe ich Gefahr, overdressed zu sein. Eine Vintage-Hose oder eine Trainingsjacke hilft zwar, dem entschärfend entgegenzuwirken, doch kann das damit nicht auf Dauer getan sein. Nicht gut getan in meinem Ansehen hat dem skandinavischen Textilkonzern nicht nur diese peinliche und völlig überteuerte Heimtextil-Linie, die ohnehin nur Ikea-Design kopiert, sondern die Einstellung der einfarbigen Rollkragenpullis aus Wolle. Guter Sitz, guter Preis. Da jubelt der V-Neck-Fan, doch grenzt es tatsächlich an ein Ding der Unmöglichkeit, einen ordentlichen Turtleneck aufzutreiben, der vor allem gut sitzt. Die Passform indiziert, das das, was Steve McQueen als „Bullitt“ trug, nun zum Kleidungsstück für Altherren mit massivem Bauchansatz verkommt.
Diese 80er-Jahre-Welle treibt mich sowieso zur Weißglut. Was für ein Schrott. Ein Wunder, dass die Jeans-Kleidung ihr Revival nur an den Beinen gefunden hat und nicht noch in Form von Jacken oder gar Hemden. Am schlimmsten sind aber diese Gürteltaschen. Nichts schreit so sehr „Ich habe weder Geschmack noch einen Schulanschluss!“ Und andere Herren-Mode? Tja, in Berlin scheint bei männlichen Vertretern des Prekariats der quergestreifte Kapuzenpulli mit Zipper hoch im Kurs zu stehen, dazu ein zu eng eingestelltes Basecap, das zu hoch sitzt. Dazu eine stark geblichene, fast weiße Niethose, und schon kann’s zum Komasaufen gehen. Letzteres wäre für mich womöglich ein Weg, dem modischen Supergau zumindest temporär zu entfliehen. Doch ein Urlaub in Südostasien mit zig Besuchen beim billigen Maßschneider scheint mein Problem eher lösen zu können.