Heidelberger Krebsforscher sieht neue Chancen

Heidelberg – Heute sterben die wenigsten Krebspatienten an einem Primärtumor, sondern an dessen Metastasen. Heidelberger Forscher wollen das stoppen.

«Fortschritte sind rasch geboten, denn 90 Prozent der jährlich rund 230.000 Krebstodesfälle gehen auf Metastasen zurück», sagte Andreas Fischer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) vor dem Weltkrebstag am 4. Februar. Bei etlichen Krebsarten sei das Risiko sehr hoch, auch nach geglückter Operation an Metastasen zu sterben. Das Tückische sei, dass sich die Krebszellen sehr früh auch von kleinen, noch gar nicht entdeckten Tumoren auf Wanderschaft im Körper begeben könnten.

Der Primärtumor lasse sich im Gegensatz zu seinen Tochtergeschwulsten durch Operation, Bestrahlung und Chemotherapie heutzutage relativ gut behandeln. Ausnahmen: besonders aggressive Gehirntumore und die allgemein sehr bösartigen Bauchspeicheldrüsenkrebse. Mit der Anti-Metastasen-Forschung werde Neuland betreten, erläuterte der Leiter der Abteilung Vaskuläre Signaltransduktion und Krebs des DKFZ in Heidelberg.

Metastasen entwickeln sich aus einigen wenigen besonders robusten Zellen. Fischer: «Zwar sterben die vom ursprünglichen Tumor gestreuten Zellen zu 99,9 Prozent ab, aber einige wenige versinken auf irgendeinem Organ quasi in Tiefschlaf – was sie dann weckt, ist noch unklar». Diese «Schläfer» zu identifizieren und sie am Überleben und Wachstum zu hindern, sei die große Herausforderung für die Wissenschaft.

Allerdings gebe es nach neuen Studien Hoffnung, die gefährliche Cluster-Bildung der zirkulierenden Tumorzellen zu verhindern. Der Forscher sieht großes Potenzial in einem bewährten und relativ gut verträglichen Medikament gegen Herzschwäche. Es erhöhe den Kalzium-Spiegel in Krebszellen und könne dadurch deren Zusammenballung verhindern. Tierversuche zeigten diesen Zusammenhang.

Als weiteren Weg nennt Fischer den Versuch, die Fähigkeit von Tumorzellen zu unterbinden, sich einer feindlichen Umgebung etwa in der Lunge oder Leber anzupassen. Im Tierversuch habe sich gezeigt, dass ein neues Präparat die für diese Adaption erforderliche Aufnahme von Fettsäuren stoppen könne. Bestätige sich der Nutzen der Mittel in klinischen Studien, könnten sie sofort verabreicht werden, sobald die Diagnose Krebs laute. Allerdings dauerten solche Studien an Probanden etliche Jahre.

Fotocredits: Waltraud Grubitzsch
(dpa)

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