Ärzte sollen leichter über Abtreibungen informieren dürfen

Berlin – Frauen sollen sich künftig einfacher über Möglichkeiten für einen Schwangerschaftsabbruch informieren können. Das sieht ein Referentenentwurf vor, auf den sich die Bundesregierung nach langem Streit um das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen verständigt hat.

Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Das Werbeverbot selbst bleibt demnach bestehen, der Paragraf 219a wird aber ergänzt. Ärzte und Klinken dürfen demnach öffentlich – zum Beispiel auf der eigenen Internetseite – darüber informieren, dass sie
Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Sie sollen zugleich auf weitere Informationen neutraler Stellen dazu hinweisen dürfen, etwa durch Links auf ihrem Internetauftritt.

Die Bundesärztekammer soll außerdem eine zentrale Liste mit Ärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen führen, die Abbrüche vornehmen – mit Angaben zu angewandten Methoden. Die Liste soll monatlich aktualisiert und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Internet veröffentlicht werden.

Pille bis zum 22. Geburtstag kostenfrei

Außerdem sollen junge Frauen die Verhütungspille künftig zwei Jahre länger, bis zum 22. Geburtstag, von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Das helfe jungen Frauen, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der dpa. «Ich halte das im Rahmen des gefundenen Kompromisses für eine gute Ergänzung.»

Die FDP wertete die Einigung als «Kotau der SPD vor dem Koalitionspartner». Der Paragraf 219a werde nur um eine minimale Ausnahme ergänzt, kritisierte Fraktionsvize Stephan Thomae. «Ärzte dürfen auch weiterhin nicht entscheiden, wie sie Schwangere informieren. Das ist ein Misstrauensbeweis gegenüber den Ärzten.» Der Entwurf sei nur ein minimaler Fortschritt für die Frauen.

Streit um Paragraf 219a

Die große Koalition hatte monatelang heftig über Paragraf 219a des Strafgesetzbuches gestritten. Ausgelöst wurde die Debatte von einem Urteil gegen die Ärztin Kristina Hänel, die vom Landgericht Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, weil sie auf ihrer Internetseite Schwangerschaftsabbrüche als Leistung angeboten hatte.

Grundlage war der Paragraf 219a, der «Werbung» für Schwangerschaftsabbrüche verbiete. Demnach macht sich strafbar, wer «seines Vermögensvorteils wegen» öffentlich Abtreibungen anbietet. Die SPD hatte – wie Grüne, Linke und FDP – eine Abschaffung des Verbots gefordert, die Unionsseite wollte das nicht.

Ein Kompromissvorschlag

Im Dezember handelten die fünf zuständigen Minister einen Kompromissvorschlag aus, der aber nicht alle Kritiker zufrieden stellte. Auf diesen Kompromiss baut der Gesetzentwurf nun auf.

«Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlichen Notsituation an die Informationen gelangen, die sie benötigen», sagte Justizministerin Katarina Barley (SPD) der dpa. Die neue Vorschrift sorge zudem für Rechtssicherheit für die Ärzte, betonte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). «In Zukunft wird jede Ärztin und jeder Arzt in Deutschland über die Tatsache informieren dürfen, dass er oder sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Der Referentenentwurf wird nun innerhalb der Bundesregierung weiter abgestimmt und mit Ländern und Verbänden beraten. Am 6. Februar soll das Kabinett den Gesetzentwurf verabschieden.

Wo Schwangere Rat finden

Bei Problemen rund um die Schwangerschaft können sich Frauen an eine Beratungsstelle wenden. Eine Liste möglicher Anlaufstellen gibt es auf der Website
www.familienplanung.de unter «Beratung» und «Beratungsstelle finden». Im gleichen Abschnitt finden Schwangere auch Informationen zur
rechtlichen Situation rund um einen eventuellen Schwangerschaftsabbruch. Die Website ist ein Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Beratungsstellen lassen sich in der Suchmaske unter anderem nach Wohnort und Konfession filtern – und danach, ob sie einen Beratungsschein ausstellen. Der
Schein ist eine der Voraussetzungen für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch. Bei einigen Anbietern wie
Pro Familia gibt es zudem die Möglichkeit einer Online-Beratung, auch am Telefon helfen manche Stellen weiter. Den Schein gibt es allerdings nur bei einer persönlichen Beratung.

Fotocredits: Jens Büttner
(dpa)

(dpa)
Mediziner