Hannover – Bei allen niedersächsischen Kinderärzten können Eltern neuerdings ihren Nachwuchs kostenlos auf zwei chronische Krankheiten testen lassen. Ziel des Modellprojekts sei, Typ-1-Diabetes und familiäre Hypercholesterinämie (FH) frühzeitig zu erkennen.
Und Diabetes zu behandeln, teilte das Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult mit. Die Klinik in Hannover leitet die sogenannte
Fr1dolin-Studie. Teilnehmen können rund 320 000 Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren, die in Niedersachsen wohnen. Ihnen wird bei der Vorsorge-Untersuchung ein wenig Blut an der Fingerkuppe entnommen.
Typ-1-Diabetes (T1D) ist die zweithäufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. In Deutschland sind rund 30 000 Jungen und Mädchen betroffen. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt jährlich um drei bis vier Prozent, im Vorschulalter sogar um fünf bis sieben Prozent. Eine frühzeitige Diagnose könne die lebensgefährliche diabetisch Ketoazidose verhindern, die mit großem Wasserverlust einhergeht, betonen die Mediziner.
«Eine flächendeckende Früherkennung wäre für die Betroffenen toll», sagte Kirsten Wirth von der Elterninitiative diabetischer Kinder und Jugendlicher in Nordrhein-Westfalen. Derzeit werde die Krankheit größtenteils erst im Alter zwischen sechs und acht Jahren entdeckt. Ähnliche Modellprojekte zur Diabetes-Früherkennung gibt es bereits in Sachsen (Freder1k-Studie) und Bayern (Fr1da).
Die zweite jetzt in Niedersachsen getestete Krankheit ist die familiäre Hypercholesterinämie. Dabei handelt es sich um eine genetisch bedingte Störung des Fettstoffwechsels, die zu einer vorzeitigen Erkrankung der Herzkranzgefäße führen kann. Laut Klinik wird die Krankheit derzeit sehr selten rechtzeitig diagnostiziert.
Wenn Eltern dem Test beim Kinderarzt in Niedersachsen zustimmen, werden die Blutproben im Labor des hannoverschen Kinderkrankenhauses auf das Vorliegen einer familiären Hypercholesterinämie untersucht. Das Diabetes-Screening erfolgt am Institut für
Diabetesforschung am Helmholtz-Zentrum München. Weitere Kooperationspartner sind Psychologen der Medizinischen Hochschule Hannover, die psychische Folgen für die Familien des Screenings evaluieren.
Das Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult gehört zu einem europaweiten Forschungsnetzwerk für klinische Studien zu Typ-1-Diabetes. Bei der Krankheit greift das körpereigene Immunsystem Zellen der Bauchspeicheldrüse an. Die Ursachen sind noch nicht geklärt. Weltweit sind rund 17 Millionen Menschen betroffen.
Fotocredits: Julian Stratenschulte
(dpa)