Supermärkte bieten heutzutage alles, was man zum Überleben braucht. An allem kann man sich frei bedienen, auch an Obst und Gemüse – warum auch nicht?
An der Obst- und Gemüsetheke im Supermarkt spielen sich so manche Dramen ab. Dank der zivilisatorischen Errungenschaft des Massengemüse- und obstanbaus wird Gurke und Apfel zu unschlagbar günstigen Preisen verhökert. Egal, ob Winter, Sommer oder Karneval ist, die meisten Früchte gibt es das ganz Jahr über. Woher die Erdbeeren im Februar stammen, will ich gar nicht wissen – dahinter steckt sicher ebenfalls eine große Geschichte zum Meckern.
Pestizide, Farb- und Wachsstoffe sind ebenfalls eine ganz andere Baustelle. Man kann wohl schon froh sein, wenn die Banane noch zu 100 Prozent aus Banane besteht, und nicht aus synthetisch-weich-gelben Ersatzstoffen, die nach Krummfrucht schmecken. Immerhin dürfen die Gurken nun nach der EU-Gemüsenorm-Reform krumm und schief sein, wie sie wollen.
Ich möchte mich auch nicht darüber auslassen, dass man drei Stunden im Gang steht, um diese fitzelige Plastiktüte zu öffnen (…manche haben da schon richtige Komplexe und brauchen eigentlich einen abgedunkelten Raum, um die Tütchen ohne Nervosität und Verfolgungswahn öffnen zu können)
Nein, darüber will ich mich gar nicht beschweren. Es geht mir natürlich mal wieder um die lieben Mitmenschen und wie sie freiliegendes Obst und Gemüse behandeln. Menschen mit langen Fingernägeln; Menschen, die sich vermutlich ihre Hände nicht gerade gewaschen und desinfiziert haben; Menschen, die eine feuchte Aussprache haben, wenn sie sich über den Karton mit Möhren beugen und mit ihrem Ehemann über die gewünschte Farbgebung diskutieren.
Jeder zweite Apfel hat eine kleine, halbmondförmige Einstichstelle – achtet mal darauf, es ist so! Der Begriff Fingerspitzengefühl bekommt da eine ganz neue Bedeutung. Ich habe Frauen und Männer erlebt, die jede einzelne Birne in die Hand nehmen müssen, sie kritisch wiegen und…- wieder zurücklegen. Andere drücken gerne Äpfel, Bananen und Kiwis zusammen, um zu prüfen, ob sie nun hart, reif, innen noch grün oder schon gänzlich verfault sind. Liegt das Obst schon eine Weile, können wir prima den Fingerabdruck des Täters von der Schale ablesen.
Ich wünsche mir von meinen Einkaufkollegen ein wenig mehr Respekt vor demjenigen, der sich erbarmt, den verschmähten Apfel doch zu kaufen – ohne dass er vorher mitbekommen muss, wie ein anderer ihn in seinen Händen hin- und hergerollt hat. Ich verstehe ja, dass es in der Natur des Menschen liegt etwas zu prüfen, was er essen möchte. Aber der prüfende Blick ist häufig völlig ausreichend – besonders in Zeiten, in denen wir Obst und Gemüse kaufen können, welches je nach Sorte doch sehr identisch in Qualität und Aussehen gewachsen ist.
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