Hormone bilden im Körper ein komplexes System

Berlin – Allein dieses Wort Hormone! Schnell zur Hand und aufgeladen mit Emotionen. Dem nervigen Chef wird zu viel Testosteron attestiert, die angespannte Freundin soll sich via Schokolade bitte das Glückshormon Serotonin reinziehen.

Geht es gar um Jugendliche in der Pubertät, liefern «die Hormone» oft eine Entschuldigung, allerdings nicht unbedingt eine Erklärung. Diese Botenstoffe haben also Gesprächswert, ihre Erforschung beschäftigt einen ganzen Wissenschaftszweig, und Geld verdienen lässt sich mit ihnen auch. Dazu reicht ein Blick allein auf die Milliardenumsätze mit der Anti-Baby-Pille.

Das Thema ist aber komplex, so wie das Hormonsystem auch. Schließlich gehören schätzungsweise mehr als 1000 verschiedene dazu, und nur etwa 30 davon sind die berühmten Sexualhormone.

Vermittelt Fachwissen und räumt mit Klischees auf

In ihrem «Aufklärungsbuch für Erwachsene»
«Das sind die Hormone» beschreibt die Journalistin und Autorin Nataly Bleuel mit leichter Hand: «Wie sie uns durchs Leben dirigieren, wie sie Stimmung machen und wie wir damit umgehen».

Das Buch vermittelt Fachwissen aus Medizin und Biochemie, erklärt Zusammenhänge, räumt mit allerlei Klischees auf und gipfelt in einem Plädoyer für Gesundheit und eine Medizin, die Körper, Geist und Seele nicht als etwas Getrenntes wahrnehmen.

Denn zum Thema Hormone gehören neben dem medizinischen auch äußere Einflüsse und gesellschaftliche Zuschreibungen etwa zum Frau- und Mannsein. Um diesen Bogen zu spannen, lässt die Autorin prominent jene zu Wort kommen, die das alles am eigenen Körper betrifft: Frauen in den verschiedenen Lebensphasen, die einen hormonellen Umbruch bedeuten. In einer Art Gesprächsrunde vor jedem Kapitel berichten Frauen über ihre Erfahrungen und diskutieren. Denn die Meinungen sind divers. Am Schluss kommen auch noch Männer zu Wort.

Pubertät, Mitte des Lebens und Wechseljahre

Der erste große hormonelle Einschnitt ist natürlich die Pubertät. Aber was geht denn nun ab, in dieser turbulenten Zeit? «Es ist der Moment, ab dem die Hormonkaskade zu sprudeln beginnt», schreibt Bleuel. Östrogen, Progesteron, Testosteron, Kisspeptin, um nur einige der entscheidenden Botenstoffe zu nennen. Die steuern dann bei Weitem nicht nur Sexualität und Fruchtbarkeit. Sie sind auch verantwortlich für Wachstum etwa und die Partnerwahl.

Verhütung, PMS (Prämenstruelles Syndrom), Schwangerschaft und Geburt: Das sind die wichtige Themen in der Mitte des Lebens. Bleuel liefert Basiswissen beispielsweise zum Zyklus, der Pille und der Spirale. Doch es spielen noch mehr Hormone wichtige Rollen. Cortisol zum Beispiel: Bei dauerhaftem Stress wird seine Produktion angeregt. Das kann zu Schlafstörungen führen. Auch die Fähigkeit, sich Dinge zu merken, kann leiden.

Spannend ist auch, was die Autorin zum Thema Testosteron berichtet. Glaubt doch jeder zu wissen: Viel davon mache den Mann zum Macho, und der ist anstrengend. Unterschlagen wird dabei oft, dass auch Frauen Testosteron haben, weniger zwar, aber eben doch. Und es kann sich in das sogenannte Frauenhormon Östrogen umwandeln. Auch sonst geht die Gleichung vom Testosteron gesteuerten Mann nicht so einfach auf. Zwar wirkt dieses Hormon auf den Körper, aber eben auch auf das Gehirn. Hinzu kommt: Bestimmte Auslöser in unserem Umfeld können wiederum das Testosteron anregen und damit unterschiedliche Prozesse in Gang setzen, schreibt Bleuel unter Verweis auf aktuelle Studien.

Die Wechseljahre, auch Klimakterium genannt, bilden den Höhepunkt einer hormonelle Umstellungsphase. Hitzewallungen und depressive Verstimmungen erleben zwar viele Frauen, aber längst nicht alle, berichtet Bleuel. Zumal auch noch nicht genau geklärt ist, wie genau Östrogen, Testosteron und Progesteron in dieser Zeit zusammenspielen, weil die Variablen so groß sind. Im Zusammenhang mit dieser Lebensphase geht es auch um Erkrankungen, die auf das Nachlassen der Hormone zurückzuführen sind: der Schilddrüse etwa, Diabetes und Osteoporose.

Fazit: Mit diesem Buch kann man den eigenen Körper besser kennenlernen und einige Vorurteile über Hormone ad acta legen.

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(dpa)

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Mediziner