Die Wurzelbehandlung kann Zähne retten

Berlin – Wurzelbehandlung: Allein das Wort treibt vielen schon den Angstschweiß auf die Stirn. Dabei sind die Ziele der Behandlung ja nicht verkehrt, im Gegenteil.

Sie soll Patienten die Schmerzen nehmen, ohne den betroffenen Zahn zu ziehen. Und doch haben viele Angst davor. Warum ist das so? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Wurzelbehandlung im Überblick:

Wann ist eine Wurzelbehandlung notwendig?

«Die meisten Fälle entstehen in Folge einer tiefen Karies», sagt Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Wird ein betroffener Zahn nicht rechtzeitig behandelt, kann sich durch Bakterien das weiche Zahninnere entzünden. Die sogenannte Pulpa besteht aus Nerven und Gefäßen – entsprechend schmerzhaft ist eine Enzündung. Diese Infektion kann sich wiederum auf den Kieferknochen ausweiten, das sorgt für weitere starke Schmerzen und eine geschwollene Wange.

Damit es so weit nicht kommt, rät Oesterreich: «Nicht warten, bis die Schmerzen ganz schlimm sind.» Am besten sollte man bei den ersten Anzeichen für Karies zum Zahnarzt gehen – das sind etwa Schmerzen bei Kälte, Kaubelastung oder Süßem.

Andere mögliche Gründe für eine Wurzelbehandlung sind laut Oesterreich zum Beispiel Unfälle – etwa wenn der Zahn samt Zahnnerv einen Stoß abbekommen hat, oder Komplikationen bei Zahnbehandlungen – etwa wenn beim Beschleifen für eine Zahnkrone der Zahnnerv geschädigt wurde. Das sei aber äußerst selten. Auch Knirschen oder Pressen können eine Wurzelbehandlung notwendig machen: wenn dadurch so viel Zahnhartsubstanz abgetragen wird, dass der Zahnnerv frei liegt.

Was genau passiert bei der Wurzelbehandlung?

Bevor es an die eigentliche Behandlung geht, ist eine genaue Diagnostik sehr wichtig. «Ein Röntgenbild ist dabei ein Muss», sagt Oesterreich. Dort kann der Zahnarzt zum Beispiel sehen, ob die Entzündung sich schon auf den Knochen ausgeweitet hat. Es wird auch geschaut, wie die Wurzelkanäle verlaufen, in denen der Zahnnerv liegt, und wie viele der Kanäle es im betroffenen Zahn gibt. So erfährt der Arzt, ob eine Wurzelbehandlung überhaupt möglich ist und welche Risiken es dabei gibt.

Bei der Behandlung wird der Zahn zunächst betäubt. Dann wird in der Regel ein Gummituch gespannt, aus dem nur der betroffene Zahn herausschaut. Dieser sogenannte Kofferdam soll den Zahn vor Speichel und Bakterien schützen. Patienten werden vor dem Verschlucken oder Einatmen kleiner Instrumente und Materialien geschützt.

Anschließend wird der Zahn mit einem Bohrer geöffnet. Mit kleinen Feilen werden die Wurzelkanäle erweitert, um sie danach ebenfalls zu reinigen und zu desinfizieren. Dann werden die entstandenen Hohlräume gefüllt, die Zahnkrone wird provisorisch verschlossen. Nach der Behandlung kann der betroffene Zahn noch ein paar Tage zu spüren sein.

Was passiert nach der Wurzelbehandlung?

Das ist ganz unterschiedlich: Bei manchen Patienten reicht eine Kunststofffüllung, die den wurzelbehandelten Zahn dauerhaft verschließt, andere benötigen eine Krone.

Wichtig ist laut Bijan Vahedi, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET), den Zahn so schnell wie möglich dauerhaft zu verschließen. «Früher gab es die Richtlinie, damit sechs Monate zu warten, um sicherzugehen, dass alles ausgeheilt ist. Dafür gibt es keinen Grund.» Denn erst wenn ein Zahn gut verschlossen, also gefüllt oder überkront ist, kann er auch richtig ausheilen.

Welche Risiken gibt es?

«Das größte Risiko ist, dass es nicht funktioniert und der Zahn nicht erhalten werden kann», sagt Vahedi. Dann muss der Zahn gezogen werden. Allerdings seien Wurzelbehandlungen in den allermeisten Fällen erfolgreich. Wie bei jedem Eingriff sind Komplikationen bei der Behandlung aber möglich – zum Beispiel, wenn der Zahnarzt nicht das gesamte entzündete Gewebe entfernt oder nicht ausreichend desinfiziert.

Anders als viele meinen, wird der Zahn nach einer Wurzelbehandlung nicht automatisch brüchiger, erklärt Vahedi. Das sei nur der Fall, wenn das entstandene Loch nicht vernünftig restauriert wurde und es dem Zahn dadurch an Stabilität fehlt.

Mit welchen Kosten müssen Patienten in etwa rechnen?

Darauf gibt es leider keine allgemeingültige Antwort. «In der Regel ist die normale Wurzelbehandlung mit einem vorübergehenden Verschluss der Zahnkrone Leistungsbestandteil der gesetzlichen Krankenkasse», sagt Oesterreich. Es gibt aber Leistungsausschlüsse für bestimmte Kiefersituationen.

Auch wenn besondere Behandlungsverfahren eingesetzt werden – etwa eine elektronische Längenmessungen der Wurzelkanäle, bestimmte Methoden der Wurzelkanalspülung oder Aufbereitungsinstrumente – müssen Patienten mit Zuzahlungen rechnen. Und zum dauerhaften Verschluss des Zahnes, etwa in Form einer Krone, müssen Patienten in der Regel ebenfalls etwas zuzahlen.

Wie viel das ist, hängt unter anderem vom verwendeten Material und der Größe des Defekts ab. «In jedem Fall muss der Zahnarzt den Patienten über alle anfallenden Kosten auch in Form eines schriftlichen Heil- und Kostenplanes aufklären», sagt Oesterreich.

Gibt es Alternativen zur Wurzelbehandlung?

«Die Alternative ist, den Zahn zu entfernen und zu ersetzen», sagt Vahedi. Um die Lücke zu schließen, kommt dann etwa ein Implantat oder eine Brücke infrage – was die Kosten angeht, ist das nicht unbedingt günstiger als die Wurzelbehandlung.

Warum ist dann gerade die Wurzelbehandlung unter Patienten so gefürchtet? Oesterreich glaubt, dass das nicht unbedingt an der Behandlung selbst liegt – sondern an den Schmerzen, die diese notwendig machen. Außerdem arbeite der Zahnarzt gerade bei der Wurzelbehandlung tief im Kiefer. «Diese Assoziation ist für viele höchst unangenehm.»

Vahedi sieht noch einen anderen Grund: «Entzündetes Gewebe lässt sich unter Umständen nicht so gut betäuben, da kann es sein, dass die Behandlung trotz Betäubungsspritze sehr schmerzhaft ist.» Wer sich davor fürchtet, sollte auf jeden Fall vorher mit seinem Zahnarzt sprechen, wie man die Wurzelbehandlung dennoch schmerzfrei gestalten kann.

Fotocredits: Markus Scholz,Bijan Vahedi,Georg J. Lopata/Axentis.De,Markus Scholz
(dpa/tmn)

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