Halle – Im Bergzoo Halle ist in Deutschland erstmals das auch für Menschen gefährliche West-Nil-Virus (WNV) bei einem Vogel gefunden worden. Der Erreger des West-Nil-Fiebers wurde bei einem Bartkauz nachgewiesen, wie das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems mitteilte.
Südeuropäische Länder melden derzeit verstärkt tödliche Fälle von West-Nil-Fieber vor allem bei älteren Menschen. In Deutschland tritt die Erkrankung selten auf, bisher hatten sich alle Betroffenen im Ausland infiziert.
Der Nachweis habe den Tierpark überrascht, sagte Zoochef Dennis Müller. Der Kauz wurde Mitte August tot in seinem Gehege gefunden und routinemäßig zur pathologischen Abklärung geschickt. Müller und sein Team tippten eigentlich auf das Usutu-Virus, einen engen Verwandten von WNV. Daran verendeten derzeit bundesweit Bartkäuze in Zoos, sagte Müller. Auch der Bergzoo war schon betroffen. «Wir hatten ein Bartkauz-Pärchen und beide sind innerhalb von einer Woche gestorben», sagte Müller. Ein Tier verendete am Usutu-Virus, das zweite am West-Nil-Virus.
Der Zoo entschied bereits, die Art künftig nicht mehr zu halten. «Ich möchte keine Tiere halten, die ich dann in kurzen Abständen verlieren muss.» Bartkäuze stammen aus Skandinavien. Es sei zu vermuten, dass ihr Immunsystem für subtropische Viren, die warme Temperaturen brauchten, besonders anfällig sei, sagte Müller.
Weitere Tiere seien im Zoo jedoch nicht betroffen. Es gebe keine besonderen Quarantänemaßnahmen und auch keine Gefahr für Besucher. Daher werde der Zoo weiter wie gewohnt öffnen. Der Tierpark will jedoch seine Mückenbekämpfung intensivieren, kündigte Müller an.
Das West-Nil-Virus infiziert hauptsächlich Vögel, von Stechmücken kann es aber auch auf andere Wirte wie Pferde und den Menschen übertragen werden. Wie der Erreger nach Halle gelangte, sollen nun detaillierte Untersuchungen zeigen. Geprüft wird auch, ob Stechmücken in der Umgebung das Virus in sich tragen.
In südeuropäischen Ländern erkranken in diesem Jahr vergleichsweise viele Menschen, wie der Epidemiologe Klaus Stark vom Robert Koch-Institut in Berlin sagte. Die Gründe seien unklar, Einfluss hätten zum Beispiel bestimmte Mücken- und Vogelpopulationen sowie das auch dort schon lange anhaltende Sommerwetter.
Allein in Serbien gibt es seit Jahresbeginn 21 bestätigte Todesfälle, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. In Griechenland starben bisher 16, in Italien mindestens 10 Menschen nachweislich an dem Virus. In den drei Ländern wurden insgesamt rund 400 weitere Infektionen nachgewiesen. Auch aus Rumänien, dem Kosovo, Bosnien, Kroatien, Ungarn und Frankreich wurden bestätigte Fälle gemeldet.
Die tatsächliche Zahl der Infizierten dürfte noch weitaus höher liegen: Die meisten Erkrankten haben keine oder nur harmlose Symptome wie Kopf- und Gliederschmerzen – und gehen deshalb nicht zum Arzt. Bewohnern betroffener Gebiete wurde im griechischen Staatsrundfunk geraten, Verdampfer oder andere Mittel gegen Insekten zu nutzen.
Typische Symptome von West-Nil-Fieber sind Muskelschmerzen, geschwollene Lymphknoten und Fieber. Bei etwa einer von 100 Infektionen komme es zu einem schweren, das Gehirn betreffenden Krankheitsverlauf, erklärte RKI-Experte Stark. Ein Teil dieser Erkrankungen ende tödlich.
Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts werden seit vier Wochen deutschlandweit vermehrt tote Wildvögel gefunden – meist am Usutu-Virus verendete. Bei Vögeln bleibe eine Infektion mit dem West-Nil-Virus meist symptomlos, erläuterte das Institut. Eine Reihe von Vogelarten sei jedoch empfänglich für den Erreger, so dass es zu massiven Epidemien mit Todesfällen kommen könne.
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(dpa)