Kann Geld zur Blutspende bewegen?

Berlin – Mit Geld könnte man aus Expertensicht mehr Freiwillige zur Blutspende bewegen. «Es wäre durchaus angemessen, die wertvolle Ressource Blut mit einer entsprechenden Aufwandsentschädigung zu vergüten. Man müsste es einfach einmal ausprobieren», sagte der Münchner Medizinethiker Georg Marckmann.

In einem zweiten Schritt könnte man dann untersuchen, wie sich die Zahlung auf die Spendenbereitschaft auswirke. Nur drei Prozent der Menschen hierzulande spenden Blut. Nach den derzeit geltenden Zulassungskriterien könnten es etwa 33 Prozent sein. Vor allem in der Urlaubszeit oder bei Grippewellen kommt es zu Engpässen. In Deutschland ist das Blutspenden grundsätzlich freiwillig und unentgeltlich. Private Spendedienste, Pharmaunternehmen und auch staatlich-kommunale Dienste zahlen aber Aufwandsentschädigungen für Vollblutspenden.

Der größte Anbieter, das
Deutsche Rote Kreuz (DRK), das etwa 70 Prozent des Blutes sammelt, bietet Spendern stattdessen Snacks, Getränke oder auch kleine Geschenke. Das DRK halte sich an einen internationalen ethischen Kodex des Roten Kreuzes, wonach Blutspenden unentgeltlich und freiwillig sein sollen, erklärt Kerstin Schweiger, Sprecherin der DRK-Blutspendedienste.

«Es gibt aus ethischer Sicht durchaus einige Argumente für eine Aufwandsentschädigung», so Marckmann, Leiter des Instituts für Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität. In unserer Gesellschaft sei es grundsätzlich zulässig, Waren und Dienstleistungen gegen Geld zu veräußern. Deshalb müsse man nicht den Handel, sondern die Einschränkung des Handels ethisch rechtfertigen. «Blutprodukte bieten dem Empfänger erheblichen Nutzen bis hin zur Lebensrettung – warum sollte der Blutspender nicht im Gegenzug eine Vergütung erhalten?», fragt der Wissenschaftler.

Blut sei eine knappe und wertvolle Ressource. Und Blutspendedienste oder nachgeschalteten Firmen verdienten damit Geld, so Marckmann. «Daher ist es einfach nur fair, wenn die Menschen, die diese Ressource zur Verfügung stellen und dafür Zeit aufwenden, auch eine angemessene Aufwandsentschädigung bekommen. Wie hoch diese sein könnte, müsste man kalkulieren», so Marckmann. Er hält aber etwa 25 Euro pro Stunde durchaus für angebracht. «Wenn das Blut hinterher kostenlos weitergegeben würde, wäre das etwas anderes. Dann wäre es sinnvoll, auch die Spende als altruistischen Vorgang zu sehen».

Eine Blutspende dauert zwar nur etwa fünf bis zehn Minuten, doch Spender müssen sich vorher einem Gesundheitscheck unterziehen und mitunter auch Wartezeiten in Kauf nehmen. Laut DRK sollten sie eine Stunde einrechnen. Deutlich länger dauern Plasmaspenden (bis etwa 45 Minuten) oder Thrombozytenspenden (bis etwa zwei Stunden). Für letztere zahle auch das DRK eine Entschädigung, weil der Aufwand deutlich höher sei als bei Vollblutspenden, erläutert Schweiger.

Oftmals werde das Argument angeführt, die vergütete Blutspende führe zu einer Ausbeutung ärmerer Spender, die aus einer Notlage heraus spendeten. Die Spender könnten zudem ein höheres Krankheitsrisiko haben, so Marckmann. «Wenn man das Blut gut untersucht, spricht eigentlich nichts dagegen», so der studierte Humanmediziner.

Der
Arbeitskreis Blut, ein Expertengremium zu Fragen der Sicherheit bei Blut und Blutprodukten, erklärte dazu: «Es ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen, dass eine Aufwandsentschädigung für Blut- und Plasmaspender in Deutschland die Sicherheit der Blut- und Plasmaprodukte beeinträchtigt.»

Der Arbeitskreis befürwortet eine unentgeltliche Spende. Eine Aufwandsentschädigung für direkte Kosten, etwa für die Anfahrt und den Zeitaufwand in einem Wert bis maximal 50 DM pro Spende werde jedoch für gerechtfertigt erachtet und als vereinbar mit den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation und des Europarates angesehen, hieß es bereits 1993 in einer Stellungnahme.

«Alle Beteiligten können profitieren – die Empfänger der Blutprodukte, die Spendedienste und die Spender, die sich etwas dazu verdienen können, darunter auch Studenten», so Marckmann. Die Haema AG, der größte private Anbieter zählt schon jetzt junge Leute, zur Hauptgruppe der Spender. 20 Euro gibt es hier für eine Blutspende. Im Durchschnitt seien die Spender 30 Jahre alt, unter ihnen auch viele 18-Jährige. «Mit dem Konzept gelingt es offensichtlich, viele junge Spender zu motivieren», so Sprecher Jan Noack.

Insgesamt ist die Zahl der Vollblutspenden in Deutschland rückläufig. Während sie sich seit dem Jahr 2000 immer zwischen 4 und 5 Millionen Spenden pro Jahr bewegte, gab es 2017 erstmals weniger als 4 Millionen Spenden, wie aus Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) hervorgeht. «Trotzdem stehen wir im internationalen Vergleich noch immer sehr gut da», sagt PEI-Sprecherin Susanne Stöcker. Auch der Verbrauch an Blut gehe zurück, da an vielen Krankenhäusern Blut-Management-Programme für einen sparsameren Umgang sorgten.

Mit einer großen Kampagne will das DRK in diesem Jahr 100.000 neue Spender gewinnen. Es sei wichtig, neue Bevölkerungsgruppen zu mobilisieren. Nur so könne auch in den kommenden Jahrzehnten die lückenlose Versorgung mit Blutpräparaten gewährleistet werden, so Schweiger.

Das sind die Voraussetzungen zum Blutspenden

Wer Blut spenden möchte, muss vor allem eine wichtige Voraussetzung mitbringen: 50 Kilogramm Körpergewicht. Außerdem müssen Blutspender mindestens 18 Jahre alt sein und dürfen derzeit keine Infektionskrankheiten wie etwa eine Erkältung haben. «Alles weitere klärt der Arzt beim medizinischen Check-up vor der Spende», erklärt Kerstin Schweiger, Pressesprecherin des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost. Für diesen Gesundheitscheck sollten Spender etwas Zeit einplanen. Die Spende an sich dauert rund fünf bis zehn Minuten. Schweiger rät, alles in allem 45 Minuten Zeit mitzubringen. «Nach der Spende wird man kostenlos verpflegt und sollte noch circa 20 Minuten sitzen bleiben und etwas essen», sagt sie.

Während der Spende wird ein halber Liter Blut entnommen. Frauen dürfen vier Mal im Jahr Blut spenden, Männer sechs Mal. Zwischen den Spenden müssen aber jeweils mindestens 56 Tage liegen. Blutplasma darf man öfter spenden.

Das entnommene Blut wird nach der Spende getestet. Stellt sich dabei heraus, dass es Unregelmäßigkeiten gibt, wird der Spender umgehend informiert, erklärt Schweiger. Etwa vier Wochen nach der ersten Spende erhält der Spender zudem einen Blutspendeausweis, auf dem auch die Blutgruppe hinterlegt ist. «Braucht man selbst mal eine Transfusion, spart das Zeit», sagt Schweiger. Den Ausweis sollte man also stets bei sich haben.

Fotocredits: David-Wolfgang Ebener
(dpa)

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