Oldenburg – Auf dem Schreibtisch fliegen Papiere und Stifte wild durcheinander, auch Kleinigkeiten lenken einen sofort von der Arbeit ab. Es ist, als drehe sich im eigenen Kopf permanent ein Rädchen.
Menschen, die das kennen, gelten häufig als charakterschwach. Dahinter kann aber auch eine Entwicklungsstörung des Gehirns stecken. ADHS wächst sich nämlich, anders als viele denken, nicht mit dem Alter aus.
«Wir gehen davon aus, dass gut die Hälfte der Patienten mit dem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom auch im Erwachsenenalter noch Symptome hat», sagt Prof. Alexandra Philipsen, Expertin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Doch weil die Erkrankung in der Generation der heute 30- oder 40-Jährigen häufig übersehen wurde, wissen viele nicht, dass sie betroffen sind.
«Viele halten ihre Symptome für eine Charakterschwäche», sagt die Psychiaterin. Menschen, die ADHS haben, fällt es schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Sie gelten als unstet, ihr Schreibtisch sieht oft chaotisch aus. «Sie sind aber auch impulsiv und schnell begeisterungsfähig.» Während Kinder mit ADHS motorisch unruhig sind, empfinden Erwachsene eher eine innere Unruhe. «Auch emotional sind viele der Patienten instabil.»
Wer den Verdacht hegt, ADHS zu haben, sollte sich in einer Spezialambulanz untersuchen lassen, rät Philipsen. «Schon die Erkenntnis, nicht charakterschwach, sondern eben tatsächlich anders zu sein, hilft vielen Betroffenen.» Ist die Diagnose gesichert, sei die Psychoedukation bei ADHS das wichtigste. Im Gespräch mit Experten lernt der Patient einzuordnen, wo in seinem Leben das Syndrom zum Tragen kommt und entwickelt Strategien, damit besser umzugehen. Wenn dem Menschen damit noch nicht ausreichend geholfen ist, kommen auch eine Behandlung mit Tabletten, eine Verhaltenstherapie oder eine Kombination aus beidem infrage.
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(dpa/tmn)